NutraSweet – nicht so sweet wie viele denken!
So naiv der Gedanke auch war, lag ihm doch eine gewisse Logik zugrunde: Wenn man Zucker durch Süßstoffe ersetzt, würde der ungebremsten Kalorienzufuhr der Bevölkerung endlich ein Ende bereitet. Was in der Chemieküche dabei herauskam, war unter anderem der Süßstoff Aspartam. Das auch als NutraSweet oder Canderel bekannte Kunstprodukt wird seither überall dort eingesetzt, wo man mit der Aufschrift OHNE ZUCKER auf Nahrungsmitteln, frei verkäuflichen Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln ahnungslose Menschen zum Kauf reizen möchte. Die Biographie von Aspartam ist nicht nur ellenlang, sondern auch sagenumwoben – von der Industrie gehyped, von den Verschwörungstheoretikern verteufelt. Recherchiert man den 1965 bei der Suche nach einem Geschwürmedikament per Zufall entdeckten Süßstoff (!) etwas genauer, stößt man auf zahlreiche schockierende Meldungen. Unter anderem: Bis Mitte der 70er Jahre wurde Aspartam auf einer CIA-Liste als biochemischer Kampfstoff zur taktischen Kriegsführung aufgelistet. Studien, die die Sicherheit von Aspartam klinisch bestätigen sollten, wurden gefälscht. Da es den Vorwürfen jedoch an Beweislage mangelte, konnte der Hersteller unbeirrt an der Erfolgsgeschichte dieses Süßstoffs weiterschreiben.
Aspartam ist krebserregend – zumindest im Tierversuch!
2005 veröffentlichten Soffritti et al. eine umfangreiche Studie, bei der Ratten (100-150 pro Gruppe und Geschlecht) mit sieben unterschiedlichen Konzentrationen von Aspartam gefüttert wurden. Um Verfälschungen zu vermeiden, ließen die Wissenschaftler die Ratten bis zu ihrem natürlichen Tod leben und führten anschließend eine Nekropsie durch. Die Ergebnisse waren alarmierend: Die Zahl bösartiger Tumore war signifikant höher, ebenso die Entstehung von Leukämie, Lymphknotenerkrankungen und Zellkarzinomen. Daraus folgerten die Wissenschaftler: Apartam ist krebserregend – zumindest im Tierversuch! Während die Unbedenklichkeitsgrenze bei Ratten bei etwa 20mg pro kg Körpergewicht ermittelt wurde, gelten für den Menschen heute 40mg pro kg Körpergewicht als unbedenklich. Müssten anhand solcher Studienergebnisse nicht die Alarmglocken sämtlicher Kontrollinstanzen klingeln? Nicht nach Ansicht der EU-Lebensmittelbehörde (EFSA) und des Deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Da Krebs vor allem eine Alterserkrankung ist, würde die lange Studiendauer keinen Aufschluss über das vermeintliche Risiko geben, so die Begründung der BfR. Der Mangel an wissenschaftlichen Belegen zu potenziellen Gefahren sorgt dafür, dass Aspartam vor allem in Soft-Drinks als unbedenklicher Zuckerersatz massenhaft Verwendung findet.
Kalorienreduktion durch Süßstoffe? Das Gegenteil ist der Fall!
Doch irgendwie geht der Plan mit der vermeintlichen Kalorienreduktion nicht auf. Denn obwohl die ambitionierte Bevölkerung inzwischen auf Zero- und Light-Getränke schwört, wollen die Pfunde einfach nicht purzeln. Gerade die so gesundheitsbewussten Deutschen sind nicht nur über 50% übergewichtig, sondern jeder Sechste ist sogar fettleibig (eurostat). Nachdem sich unzählige Studien an diesem scheinbar paradoxen Phänomen (mehr Süßstoffgebrauch = mehr Übergewicht) abgearbeitet haben, wollten Gul et al. (2016) von der Harvard University folgende Hypothese genauer überprüfen: Durch die in Aspartam enthaltene Aminosäure Phenylalanin wird das Enzym intestinale alkalische Phophatase (IAP) blockiert. IAP kann das Metabolische Syndrom (Syndrom X) nachweislich verhindern.
Um dies zu überprüfen, wurde eine 18-wöchige Studie an Mäusen durchgeführt. Und siehe da: Die mit Aspartam gefütterten Mäuse legten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant an Gewicht zu und entwickelten die typischen Symptome des Metabolischen Syndroms wie abdominale Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Hypertriglyzeridämie und Insulinresistenz. Nachdem in der Vergangenheit EFSA und BfR nicht ganz zu unrecht die Länge der Studien bemängelten (Krebs = Alterserscheinung), müssten die Risikoexperten nach dieser 18-wöchigen Untersuchung mit jugendlichen Nagetieren nun allerdings zu einer Neubewertung von Aspartam kommen – denn Ratten leben durchschnittlich 2 Jahre!
Quellen:
- Gul, S.S., Hamilton, A.R., Munoz, A.R. et al. (2016). Inhibition of the gut enzyme intestinal alkaline phosphatase may explain how aspartame promotes glucose intolerance and obesity in mice. In: Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism. Published on the web 18 November 2016.
- Soffritti, M., Belpoggi, F., Esposti, D.D. et al. (2006): First Experimental Demonstration of the Multipotential Carcinogenic Effects of Aspartame Administered in the Feed to Sprague-Dawley Rats. In: Environmental Health Perspectives, Vol. 114 (3), 379-385.
- http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/7700903/3-20102016-BP-DE.pdf/70d4d04a-f24b-47dc-b69d-e3a677774480