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Nichts für Warmduscher: Schlank durch Kältetherapie! 

19. Mai 2023

von Dr. Jens Freese

Kälte als Therapie ist mit einer langen Positivliste assoziiert! Aber Vorsicht: Kälte ist auch ein nicht zu unterschätzender Stressor für unseren Organismus. Ist man chronisch gestresst oder leidet unter kardiovaskulären Einschränkungen wie hohem Blutdruck oder Angina pectoris, sollte Kälte nur mit äußerster Vorsicht und langsamer Adaptation angewandt werden. Wer kerngesund ist und den Willen hat, den inneren Schweinehund in eisigem Milieu zu überwinden, kann präventivmedizinisch von Kälteanwendungen erheblich profitieren. Denn neben der immunstimulierenden Wirkung kurbeln Kälteimmersionen auch die Fettverbrennung und damit eine  Gewichtsreduktion an. Spätestens an dieser Stelle düfte Kälte für den ein oder anderen interessant werden!

Gleich und doch so anders: Weißes versus braunes Fett

Natürlich, ein launiges Kaminfeuer mit heißem Tee unter einer kuscheligen Decke hat schon seinen Reiz. Nicht viele würden diese Komfortzone freiwillig verlassen und beherzt ins eiskalte Wasser springen. Nichtsdestotrotz ist der Mensch seit Millionen von Jahren an Kälte gewöhnt.  Deshalb hat sich die Physiotherapie Methoden wie die Kryotherapie zunutze gemacht. Klug eingesetzt hilft Kälte nicht nur bei der Schmerzunterdrückung, sondern auch beim Einschlafen bringt viele Hormone auf Touren, die unseren Stoffwechsel stark beeinflussen. Wenn wir mit den Zähnen klappern, am ganzen Körper zittern oder uns warmreiben, versuchen wir durch Muskelkontraktionen oder Reibung Wärme zu erzeugen. Diese Art zu frieren ist allerdings ziemlich ineffektiv1. Für ein wenig Wärme setzen wir unseren Körper immens unter Stress. Wem es gelingt, sich an die Kälte zu adaptieren, dem steht eine wesentlich effizientere Heizmethode zur Verfügung, die als „Nebenwirkung“ auch noch reichlich Körperfett verbrennt!

Die Rede ist von braunem Fettgewebe2. Braun, weil die Fettzellen bis zum Anschlag gefüllt sind mit unseren Kernkraftwerken, den Mitochondrien. Diese sind in der Lage, Energie in Wärme bzw. infrarotes Licht umzuwandeln. Verantwortlich dafür ist das sogenannte Uncoupling Protein-1 (UCP-1), das auch als Thermogenin bezeichnet wird. Thermogenin ist eine Art Entkoppler auf der inneren Zellmembran der Mitochondrien: Wird es aktiviert, setzt es diverse energieliefernde Prozesse in Gang. Die dadurch produzierte Energie wird zur Thermogenese genutzt. Sie beheizt den gesamten Körper. Lange wurde vermutet, dass braunes Fettgewebe nur bei Kleinkindern existiert, da sie sich nicht durch Zittern aufwärmen können. Diese Ansicht ist längst revidiert: Studien konnten wiederholt belegen, dass durch regelmäßige Kälteimmersionen weißes Fett in braunes Fettgewebe umgewandelt werden kann!3

Ein Mehr an Mitochondrien, wie sie in braunem Fett vorkommen, ist aber nicht nur für den Stoffwechsel hilfreich4. Produziert unser Körper mehr Energie, wirkt sich das auch positiv auf zahlreiche Krankheitsbilder aus: So mussten in einer Studie5 Probanden im tiefsten Winter einige Runden draußen im See schwimmen. Zu Beginn der Untersuchung zeigten alle Teilnehmer signifikant erhöhte Erschöpfung, vermehrt Erkältungen und Unwohlsein. Doch nach einer „eiskalten“ Trainingsperiode von 4 Monaten waren die Teilnehmer energiegeladener, aktiver und kräftiger als die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die ihre Runden im wohltemperierten Hallenbad absolvieren. Besonders interessant: Die Interventionsgruppe reduzierte deutlich stärker Schmerzen und Symptome bei Erkrankungen wie Fibromyalgie, Asthma und Rheuma!

Energieumsatz verdoppeln oder verdreifachen? Die Kälte macht´s!

Neben ihrer Wirkung als Fat-Burner zeigen Kälteanwendungen auch spannende Effekte auf den Stoffwechsel. In einer weiteren Studie6 wurden junge Männer eine Stunde lang in ein Wasserbad mit 32°, 20° oder 14°C gesetzt. Während sich die metabolische Rate bei den „Warmbadern“ kaum veränderte, wurde bereits bei 20°C eine Erhöhung um 93% festgestellt! In diesem Zeitraum stieg die Energieverbrennung also fast um das Doppelte. Einige Stunden später wiesen die Probanden noch einen erhöhten Energiestoffwechsel auf. Noch beeindruckender war allerdings das Ergebnis der Probanden, die dem 14°C kalten Wasser ausgesetzt waren: Ihr Energieumsatz erhöhte sich um sage und schreibe 350%!

Fettverbrennungsrate und Energieumsatz erhöht? Diesen dualen Effekt kannte man bislang nur aus der Sportwissenschaft. Wer nach einer weiteren Methode sucht, an seinen Körperkonturen zu feilen, liegt bei Kälte definitiv richtig. Eines muss hier aber nochmal deutlich gesagt werden: Wer sich in einem geschwächten Zustand befindet (z.B. infolge einer Diät mit starkem Kaloriendefizit), sollte sich zweimal überlegen, ob eine Kältetherapie das richtige für ihn ist. Um den Kältestress zu bewältigen, muss unser Körper nämlich eine Menge Energie investieren. Steht diese nicht zur Verfügung, können katabole Effekte und Stressreaktionen die Folge sein.

 

Quellen:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3051412/
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19357405
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3951182/
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15253480
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10751106
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/m/pubmed/28944268/

Dr. Jens Freese

Über den Autor

Dozent | Wissenschaftler | Berater

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