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TATORT GEHIRN: Warum wir so heiß auf Zucker-Fett-Bomben sind! 

19. Mai 2023

von Dr. Jens Freese

Es ist nicht allzu lange her, da hörte das Wachstum mit etwa 20 Jahren auf. Heute geht das Wachstum weit darüber hinaus – allerdings nicht in die Höhe, sondern in die Breite! Unter den zahlreichen potentiellen Ursachen für die zunehmende Verfettung in der Welt, steht im heutigen Artikel eine synergistische Wirkungsweise im Fadenkreuz: Die Kombination von Fettsäuren mit hochglykämischen Kohlenhydraten. Zuckerreiche Lebensmittel aktivieren im Körper bekanntlich die Ausschüttung von Insulin, das den Transport von energiereichen Makronährstoffen in die Zellen beschleunigt. Auch Fette werden hierdurch effizienter aus der Blutbahn in die Speicherareale transportiert! Trotz umfangreicher Erkenntnisse über die schädlichen Wirkungen hören wir nicht auf, jene Nahrungsmittel zu bevorzugen, die sowohl große Mengen Fett als auch Zucker enthalten. Warum das so ist, zeigt uns eine neue Studie aus der Hirnforschung.

Evolutionär neu – bis vor 150 Jahren existierten Zucker-Fett-Bomben nicht!

Werfen wir zunächst einen Blick in die Vergangenheit: Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte gab es keine Lebensmittel, die gleichzeitig reich an Fett als auch an Zucker waren. Die auf der Jagd erlegten Tiere waren vor allem eiweiß- und fettreich. Pflanzen und Wurzeln, die gesammelt wurden, enthielten zwar reichlich Kohlenhydrate, aber vor allem Ballaststoffe, die die Insulinausschüttung eher verlangsamen als beschleunigen. Die Option, Zucker und Fett zu kombinieren, entstand erst vor ca. 10.000 Jahren, als die Domestizierung von Tieren und der Anbau von Getreide Einzug hielten. Allerdings stehen Zucker-Fett-Bomben wie Cookies oder Donuts  erst seit höchstens 150 Jahren auf usnerem Speiseplan. Die Nahrungsversorgung vor der Agrarrevolution war für die Jäger und Sammler der Steinzeit abhäbgig davon, was Mutter Natur so hergab. Und das war alles andere als ein reich gedeckter Tisch. Den wechselnden Mangel- und Überflusszeiten zufolge, entwickelte unsere Spezies einen ausgesprochenen Drang nach Nahrung mit hoher Energiedichte. Deshalb führt der Konsum von schnell resorbierbarem Zucker auch zur kurzfristigen Ausschüttung von Glückshormonen.

Nun zeigt sich jedoch: Zucker allein ist nicht die Spitze des (Belohnungs-)Eisberges. Di Feliceantonie et al. (2018) konnten zeigen, dass bei fett- und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln ein weiterer Mechanismus wirkt, der durch Kohlenhydrate allein nicht ausgelöst wird. In einer cleveren Untersuchung mit mehr als 200 Probanden wurden diese mit Bildern von Nahrungsmitteln konfrontiert, die entweder reich an Zucker, an Fett oder an einer Kombination aus beidem waren. Alle Produkte hatten in der dargestellten Menge den gleichen kalorischen Gehalt. Mit einem limitierten Budget sollten sie für jedes Nahrungsmittel den Betrag nennen, den sie ausgeben würden. Während des Experiments wurde das Gehirn der Probanden gescannt, sodass die Forscher die Aktivität der einzelnen Hirnareale überwachen konnten. Folgende Ergebnisse kamen dabei heraus:

High Noon – schon das Betrachten von Fast-Food aktiviert das Belohnungszentrum!

  • Die Probanden waren bereit, für Produkte, die sowohl reich an Fett als auch Zucker waren, deutlich mehr Geld auszugeben als für die Nahrungsmittel, die nur viel Fett oder nur viel Zucker enthielten.
  • Alleine schon das Betrachten von zucker- und fettreichen Fertigprodukten führte zu erhöhter Aktivität in Gehirnarealen, die  zum Belohnungszentrum gehören. Bei den Zucker- und Fettprodukten war dies nicht der Fall.
  • Produkte, die reich an Zucker und Fett sind, lösen beim Betrachter die Wahrnehmung aus, dass sie eine höhere Kaloriendichte haben.

Moment mal – wenn diese Fertigprodukte wesentlich kalorienreicher sind, müssten wir sie doch eigentlich vermeiden? In der bewussten Wahrnehmung Ja, denn wie die meisten zu wissen glauben, ist allein ein Kalorienüberschuss für die Gewichtszunahme verantwortlich. Unbewusst allerdings nicht, denn wie diese Untersuchung eindrucksvoll belegt, reagiert unser Gehirn auf diese Zucker-Fett-Bomben bereits beim bloßen Betrachten mit der Aktivierung des Belohnungszentrums. Ist dieses erst einmal getriggert, will es auf keinen Fall enttäuscht werden, was die Sucht nach Lebensmitteln dieser Art auf Dauer drastisch erhöht.

Aber was soll das bedeuten? Sind wir Opfer unseres Gehirns und können nichts dagegen tun? Natürlich schon, denn wenn wir realisieren, was unser Unterbewusstsein so mit uns so treibt, können wir dem Spuck auch ein Ende bereiten. Wer also versteht, warum unser unbewusstes, evolutionsbiologisch geprägtes Verhalten fett- und zuckerreiche Nährstoffbomben bevorzugt, wird ihnen in Zukunft leichter aus dem Weg gehen können!

 

Benutzte Quellen:

DiFeliceantonio, A. G., Coppin, G., Rigoux, L., Thanarajah, S. E., Dagher, A., Tittgemeyer, M., & Small, D. M. (2018). Supra-Additive Effects of Combining Fat and Carbohydrate on Food Reward. Cell metabolism.

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Dr. Jens Freese

Über den Autor

Dozent | Wissenschaftler | Berater

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